GUNZENHAUSEN – Bei einem Handball-Gauditurnier am Schliersee in den späten 1980er Jahren hatten sie beim TV Gunzenhausen eine Schnapsidee. Der Tross der TV-Handballer schickte eine gemischte Mannschaft aufs Spielfeld, die ausschließlich aus Mitgliedern der Familien Mrasek und Franz bestand. Der Ursprung dieser außergewöhnlichen Formation liegt in den 1960er Jahren – und hat maßgeblich mit einem bei den Gunzenhäuser Handballern oftmals nur „Onkel“ gerufenen Urgestein zu tun. Um der Chronistenpflicht nachzukommen, muss man sich die Geschichte des „Onkels“, der in einem Leben außerhalb des Handballs Franz Mrasek heißt, komplett anhören. Und der heute 78-Jährige hat einige Geschichten zu erzählen. 

Beginnend im Jahr 1953, als Franz Mrasek mit dem (Feld-)Handball beim TV Gunzenhausen begonnen hatte, damals in der Schülermannschaft. „Wir haben auf der Wiese neben der Altmühlbrücke gespielt, die hat der Familie Uhlmann gehört“, beginnt Mrasek mit seinen Erzählungen, „unter der Woche haben dort die Kühe geweidet, am Wochenende durften wir zum Handballspielen drauf. Und weil wir außerdem auf die Kühe aufgepasst haben, durften wir auch was von den Obstbäumen pflücken.“ 

Mit der Jugendmannschaft haben Franz Mrasek und seine Mitstreiter 1958 sogar das Finale um die Bayerische Meisterschaft in Altdorf erreicht, dort aber das Endspiel gegen 1846 Nürnberg verloren. „Ich habe mich wohl nicht so dumm angestellt“, sagt Franz Mrasek heute, jedenfalls wechselte er bereits mit 17 Jahren in die Männermannschaft – was damals aber eigentlich erst mit 18 erlaubt war. „Auf meinem Spielerpass bin ich ein Jahr älter“, sagt Mrasek schmunzelnd. 

Franz Mrasek erzählt Geschichten aus seiner aktiven Zeit, die auch den Außenstehenden erahnen lassen, welchen Stellenwert der Handball damals hatte – auch in Gunzenhausen. „1961 haben wir im Berliner Olympiastadion gegen den Polizeisportverein Berlin gespielt. Da wurde gerade die Mauer gebaut, wir sind noch mit der Straßenbahn von West nach Ost gefahren“, erzählt Mrasek, der zudem 1962 einen prominenten Trainer hatte: Erwin Porzner, Handball-Ikone aus Ansbach und 1966 Weltmeister mit der Feldhandball-Nationalmannschaft, trainierte die Gunzenhäuser Handballer für eine Saison. 

Eingefädelt hatte den Deal „der Doktor“, wie der damalige Mäzen der Gunzenhäuser Handballer, Dr. Kirsch als Vize-Regierungspräsident des Bezirks Mittelfranken in Ansbach, laut Mrasek nur genannt wurde. „Erwin Porzner war ein ganz patenter Trainer, offen und zugänglich für alles und alle. Seinen Spruch habe ich mir gemerkt: ‚Wer keine vier Bier verträgt und nicht Schafkopf spielen kann, der wird kein Handballer‘.“ 

Mit den Anekdoten, die Franz Mrasek über seine Handballerzeit erzählt, könnte man ein Buch füllen. Über die Anfänge des Gunzenhäuser Hallen-Handballs in der damaligen Festhalle (Mrasek: „Wir haben nur ‚Darm‘ dazu gesagt, weil alles so eng war“) oder über seine Verknüpfung zwischen Sport und Beruf. Mrasek war als Installateur eine Zeitlang im Großraum München unterwegs, also lief er auch für die befreundeten Handballer des MTV in der Landeshauptstadt auf. Ob es damals schon ein Zweitspielrecht gab? Das breite Grinsen von Franz Mrasek ist Antwort genug. Und natürlich hat Franz Mrasek auch seine Frau Heidi über den Handball kennengelernt. 

Eine weitere handelt eben auch davon, wie der Familienclan Mrasek-Franz beim TV Gunzenhausen entstand – und wie Franz Mrasek „der Onkel“ in der Handballabteilung wurde. Die junge Brigitte Brandner hatte 1967 beim Stadtbummel mit Freundinnen ein TV-Plakat am Cafe Viehbeck (heute Cayman) entdeckt: Ein Aufruf zum Damenhandball. „Meine Eltern waren einverstanden, da mein Onkel Franz, der Bruder meiner Mutter, und Tante Heidi bereits Handballer waren. 

So begann auch die Handballerlaufbahn von Brigitte Brandner, die beim ersten Faschingsturnier der Gunzenhäuser Handballer für den MTV München als Aushilfe mitgespielt hatte. Und die beim Faschingsball im Fränkischen Hof Günther Franz – ebenfalls Handballer – kennengelernt hatte. „Finger weg von meiner Brigitte“, hatte Franz Mrasek, der große Onkel, zwar nach eigener Aussage gesagt – nur gehört hat keiner auf ihn. Brigitte Brandner wurde zu Brigitte Franz, die Kinder Alexander (bis zum Sommer Abteilungsleiter, seine Kinder spielen auch Handball), Tamara (langjährige Spielerin) und Benjamin (aktuell Trainer der Männermannschaft) wurden ebenfalls zu Handballern – und es schallte irgendwann aus vielen Ecken „Onkel“ durch die Hallen. 

Auch Franz Mrasek, seine Frau Heidi und die Töchter blieben dem Handballsport lange treu. Und in den 1980er Jahren reichte diese Handball-Begeisterung gar zur gemischten „Mrasek-Franz“-Mannschaft am Schliersee 

 

MATHIAS HOCHREUTHER 

 

Foto: Mathias Hochreuther/Archiv Franz Mrasek 

Franz Mrasek (links) im Jahr 1960 als Spielführer der Mittelfranken-Auswahl.