GUNZENHAUSEN – In den 1980er Jahren waren die Handballerinnen des TV Gunzenhausen vereinsintern nicht nur das „starke“ Geschlecht, sie leisteten auch Pionierarbeit in Sachen Hallennutzung. Nicht ganz unbeteiligt waren dabei die handballerischen und handwerklichen Fähigkeiten der gelernten Schneiderin Anita Hartmann. Und der weit über die Kalbensteinberger Ortsgrenzen hinaus bekannte „Kalber Kirschlikör“. Aber der Reihe nach. 

Ende der 1960er Jahre begann eine neue Generation von Gunzenhäuser Mädels mit dem Handballspielen beim TV. Mangels Nachwuchsteams spielten die Jugendlichen damals gleich bei den Frauen mit. „Wir sind da zuerst bei den Damen mitgelaufen und haben uns dann in den 70ern immer weiterentwickelt“, erinnern sich heute Anita Hartmann und Brigitte Franz an ihre sportlichen Anfänge. Beide sollten – neben ihrem Einsatz auf dem Parkett – die Abteilungsarbeit in den weiteren Jahren mitprägen. Brigitte Franz, weil sie auch die Rolle der Schriftführerin übernahm und für die Erstellung der Saisonhefte sowie Chroniken mit zuständig war. Und Anita Hartmann, weil sie „irgendwann gefühlt alle Mannschaften trainiert hat“, wie Franz schmunzelnd anmerkt. 

Anstoß dazu war ein Ausflug Hartmanns in den – aus damaliger Gunzenhäuser Sicht – höherklassigen Handball. Ende der 70er Jahre konnte sie sich entscheiden, ob sie in die Bezirksliga wechseln will, heute vergleichbar mit der Bezirksoberliga. Angebote vom TV Schweinau aus Nürnberg und aus Nördlingen lagen ihr vor. Da die Nürnbergerinnen ein Trainingslager in Thannhausen abhielten, hatte Hartmann einen Bezug zur Mannschaft und wechselte also nach Schweinau. „Da habe ich das Handballspielen erst richtig gelernt“, erinnert sich Hartmann. 

Anfang der 80er Jahre kam sie nach Gunzenhausen zurück – und brachte aus Nürnberg auch einen neuen Ehrgeiz mit. „Als es um den Aufstieg ging, haben wir zweimal in der Woche trainiert, im Sommer draußen auf dem Hartplatz. Wir wollten das auch“, sagt Brigitte Franz, und Anita Hartmann ergänzt: „der Biss war da“. Und die Unterstützung durch den Verein bei der Vergabe der Hallenzeiten, durch die ganze Handballabteilung und auch der Familien, wie Franz betont. 1982 gelang schließlich der Aufstieg in die Bezirksliga, die bis zum Jahr 1988 die sportliche Heimat der Damenmannschaft bleiben sollte.  

Und dadurch erhielten die TV-Handballer gewissermaßen auch eine neue häusliche Heimat. Aus der kleinen Stephani-Halle, damals die Spielstätte, zogen sie in die ziemlich neue und viel größere Gymnasiumhalle, die mehr Zuschauern Platz bot. Die anderen Mannschaften, also Männer und Jugend, sollten folgen. „Wir waren damals das Aushängeschild“, sagt Hartmann, die diesbezüglich, wie Brigitte Franz, aber auch die zu dieser Zeit in der Bayernliga spielende männliche A-Jugend nicht unerwähnt lassen will. Dazu aber im nächsten Teil dieser Serie mehr. 

Trainer der Damen in der Aufstiegssaison war Werner Rösch, der sein Amt aus zeitlichen Gründen nach den Aufstiegsspielen an Hans Jung weitergab. Rösch blieb der Abteilung aber erhalten, was Brigitte Franz rückblickend als wichtig erachtete. „Werner hatte immer wieder neue Einfälle“, sagt Franz. Die Idee zu den Saisonheften wurde in dieser Zeit geboren, abteilungsübergreifende Urlaube in Italien oder Jugoslawien standen auf der Tagesordnung. „Es war ein großer Zusammenhalt in der Abteilung und unter den Familien. Unsere Freizeit war geprägt durch den Handball“, sagen Franz und Hartmann. Die war nach dem Aufstieg übrigens nicht nur Spielerin und Trainerin von Jugendmannschaften, sie war quasi auch Ausrüsterin: Als Schneiderin nähte sie die neuen Trikots. 

Und sie griff auch mal zu einer ziemlich ungewöhnlichen Motivationsspritze. „Eines unserer ersten Spiele in der Bezirksliga war in Erlangen-Bruck, die waren Tabellenführer und da ging es ganz anders zu. Hatten wir da Bammel“, erzählt Hartmann. Also packte sie eine kleine Flasche „Kalber Kirsch“ ein, „vor dem Spiel musste jede von uns einen Fingerhut voll zur Beruhigung trinken. Und wir haben dann auch noch gewonnen“, berichtet sie lachend. 

Die Gaudi ging bis zum Ende der Saison 1987/88. Nach dem Abstieg aus der Bezirksliga löste sich die erfolgreiche Gunzenhäuser Frauenmannschaft mehr oder weniger auf, jüngere Spielerinnen rückten nach. Was bleibt, sind schöne Erinnerungen. „Was haben wir für eine Gaudi gehabt“, sagt Anita Hartmann. 

 

MATHIAS HOCHREUTHER 

 

Foto 1982 (1+2): Mathias Hochreuther/Archiv Brigitte Franz 

Frisch in die Bezirksliga aufgestiegen, die Handballdamen des TV Gunzenhausen mit dem neuen Trainer Hans Jung: Heidi Rösch, Helene Lederer, Petra Bauer, Doris Wöllmer, Brigitte Franz, Dagmar Staiger, Inge Jung, Monika Sauerbrey, Sonja Ermer, Anita Hartmann. 

 

Foto 2021: TV Gunzenhausen/Brigitte Franz 

„Ehemaligen-Treff“ Ende Oktober 2021, von links: Heidi Rösch, Doris Wöllmer, Helene Lederer, Sonja Ermer, Anita Hartmann, Brigitte Franz.